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Jenseits von Stunden und Minuten

Hallo,
im Nachfolgenden ist von den Lesern ein wenig Ausdauer und Informationsbedürfnis gefordert, wenn jetzt eine besondere Uhr (Instrument) hier vorgestellt wird. Es hat einige Energie gefordert, die jetzt vorhandenen - aber selbstverständlich immer noch unvollständigen - Informationen zu beschaffen. Um dieses Stück zu verstehen, mußte ich ein wenig weiter ausholen.
Insbesondere auf ergänzende Ausführungen unserer Mitglieder im Forum freue ich mich wirklich. Auch über Eure Fragen kann ich weiter vorankommen.
Genug der Vorrede, beginnen möchte ich mit James Ferguson:
James Ferguson (geboren am 25. April 1710 in Keith, Banff; gestorben am 16. November 1776 in Edinburgh, begraben im Marylebone Kirchhof) war ein schottischer Astronom und Mechaniker.
In seiner Jugend hütete Ferguson die Schafe aus dem Besitz seiner Familie und fand erst, als er durch Porträtmalerei ein gewisses eigenes Auskommen erlangen konnte, die Gelegenheit zu eigener wissenschaftlicher Beschäftigung.
Sein Hauptwerk ist die Astronomy explained upon Sir Isaac Newton's principles (London 1756). Seine Selected mechanical exercises (London 1773) enthalten eine Autobiographie. Darin beschreibt er u.a. seine jahrelange Freundschaft mit dem Uhrmacher John Ellicott.
In London lebte er zeitweise (1768-1776) in No. 4 Bolt Court, in dem auch Mudge Quartier gefunden hatte. Ferguson bezeichnete diesen als „ my good friend Mr. Thomas Mudge“.
Verschiedene Zeichnungen und Muster aus Papier und Pappe sind von Ferguson erhalten geblieben, bei denen die Anzeigen von Sonne, Mond und Gezeiten die zentralen Punkte waren. So zeigte er den unterschiedlichsten Uhrmachern seine Entwürfe, legte diese auch der „Royal Society„ in London vor. Dort landeten diese allerdings im Archiv. Er selbst bezeichnete diese Uhren, die er zum Teil mit Taschenuhrwerken antrieb, als „Astronomical Clocks“.
Dabei handelt es sich um Uhren mit sieben und mehr Indikationen. Wenn man sie mit der 1790 entstandenen „Marie Antoinette“ vergleicht, die damals mit ihren ebenfalls sieben Indikationen als Sensation galt. Allerdings haben die von Ferguson konstruierten Uhren keine Kurzzeitmesser oder Schlagwerke, sondern nur astronomische Anzeigen.
So bat ihn u.a. der Dock-Master in Liverpol Captain Hutchinson um ein solches Exemplar. Es würde seine Arbeit wesentlich erleichtern.

Heutzutage ist der Mechanismus der Gezeiten nicht selten in Armbanduhren untergebracht. Diese werden heute bevorzugt als Gezeitenuhren bei Anglern, Fischern und Seglern –insbesondere in norwegischen Fjorden- eingesetzt, um Wasserstände an Brücken oder auch Strömungsgeschwindigkeiten zu beachten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Zur Beschreibung und Erläuterung meiner Gezeiten-Uhr
Die Uhr besitzt drei verschiedene Ziffernblätter - ein fixes für die Sonnenzeit und zwei bewegliche für mondbezogene Daten.

Zunächst aber noch ein Wort zum Mondlauf. Die Sonne zieht ja infolge der Erdrotation für einen erdgebundenen Beobachter einmal in 24 Stunden rings um den Himmel und durchläuft dabei einmal alle Himmelsrichtungen. Dasselbe gilt im Prinzip für den Mond. Der steht auf seiner Umlaufbahn um die Erde in jedem Augenblick in einer gegebenen Richtung am Himmel, aber für den irdischen Beobachter dreht sich infolge der Erdrotation der ganze Himmel, und der Mond durchläuft vom Beobachter aus gesehen eine ganz ähnliche tägliche Bewegung wie die Sonne . Er folgt also der Sonne in bestimmtem Abstand über den Himmel. Diesen als Winkel gemessenen Abstand nennt man Elongation. Bei Neumond wandern Sonne und Mond gemeinsam über den Himmel, die Elongation beträgt 0°. Da sich der Mond auf seiner Umlaufbahn fortbewegt, hat am nächsten Tag der Abstand um etwa 12° zugenommen, und zwar in östlicher Richtung, d.h. der Mond ist um diesen Winkel hinter der Sonne zurückgeblieben. Die Elongation nimmt jeden Tag im Mittel um weitere 12° zu, bei 90° haben wir erstes Viertel, bei 180° Vollmond, bei 270° letztes Viertel, und bei 360° wieder Neumond.

Das äußere Ziffernblatt ist fix mit dem Gehäuse verbunden und trägt eine 24teilige, römisch bezifferte Stundenskala. Die Stunden werden zweimal von I bis XII gezählt. Die Vormittagsstunden liegen auf dem Photo auf der linken Seite, die Nachmittagsstunden auf der rechten Seite. Der Stundenzeiger ist der kurze blaugraue Zeiger, der unter dem silbernen Ziffernblatt hervorlugt. Er zeigt auf dem Photo etwa drei Uhr 23 Minuten vormittags an.

Außerhalb der Stundenskala ist eine Minutenskala angebracht. Alle fünf Minuten (mit Ausnahme der 15, 30, 45 und 60) sind arabisch beziffert. Einzelminuten sind durch Punkte angedeutet. Der lange graublaue Zeiger ist der Minutenzeiger. Er macht eine Umdrehung pro Stunde und zeigt auf dem Photo dreiundzwanzig Minuten nach der vollen Stunde. Abwechselnd mit den Minutenangaben sind auf dieser Skala auch Himmelsrichtungen angezeichnet. Ob die Himmelsrichtungen tatsächlich einem informativen Zweck dienen, ist mir nicht ganz klar. Da der Stundenzeiger - wie die Sonne - einmal in 24 Stunden alle Himmelsrichtungen durchläuft, zeigt er, wenn die Uhr flach auf dem Tisch liegt und richtig ausgerichtet ist, ständig in Richtung Sonne . Das könnte dazu benutzt werden, nach Ausrichtung des Zeigers auf die Sonne die Uhr als Kompass zu benutzen, oder bei bestehender Ausrichtung der Uhr den Sonnenstand vorherzusagen. Da die Sonne die Himmelsrichtungen im Gegensatz zum Zeiger aber nicht streng gleichmäßig durchläuft, wäre die Genauigkeit dieses Kompasses begrenzt.
Links und rechts auf dem äußeren Ziffernblatt sind die Zeiten der Sonnenaufgänge (links) und der Sonnenuntergänge (rechts) markiert. Unmittelbar innerhalb der römischen Stundenbezifferungen befinden sich zunächst regelmäßige Skalenstriche für die vollen, halben und Viertelstunden zur genaueren Ablesung, die auf der restlichen Stundenskala unterdrückt sind. Weiter innen folgt nun eine Gruppe von Skalenstrichen, welche die Auf- und Untergangszeiten für die Monatsanfänge und für die Sternzeichenanfänge markieren.

Die beiden Gruppen von Strichen, Buchstaben und Symbolen links und rechts am inneren Rand des äußeren Ziffernblatts beschreiben den Jahresverlauf der Sonne .
Als schwarze Buchstaben sehen wir, von oben nach unten laufend:
January
February
March
April
May
June
July
und dann wieder von unten nach oben laufend:
August
September
October
November
December

Diese Buchstaben beschriften jeweils einen kurzen Skalenstrich.

Gleichzeitig sind orange die zugehörigen Abschnitte der Ekliptik eingezeichnet: Ganz oben die Wintersonnwende (Symbol Steinbock), ganz unten die Sommersonnwende (Symbol Krebs). Diese Symbole beschriften jeweils einen langen Skalenstrich, wobei (außer den Sonnwenden) immer zwei Symbole einen Skalenstrich gemeinsam haben.

Die Skalenstriche sind auch nicht gleichabständig; an den Enden der Skala sind sie näher zusammengedrängt als in der Mitte. Das legt nahe, dass irgendeine mit dem Sonnenlauf zusammenhängende Größe dargestellt werden soll, die von der Deklination der Sonne abhängt. Die ändert sich in der Nähe der Sonnwenden ja auch langsamer als dazwischen.

Der Deklinationswinkel selbst ist offenbar nicht dargestellt, denn der überstreicht 2*23.4° = 47°, während die Skalenbögen sich über 70° erstrecken (wie man an der Gradeinteilung des silbernen Zifferblatts ablesen kann).

Der Abstand des Sonnenuntergangs-Punkts vom West-Punkt (die so genannte Abendweite) kann es auch nicht sein. Der variiert zwar im Laufe des Jahres in einem ähnlichen Muster, überstreicht auf der geographischen Breite von London aber einen Bereich von 80°, nicht 70°. Man hätte die Uhr in diesem Fall als "Kompass" verwenden können, der den Ort des Sonnenauf- und -untergangs am Horizont anzeigt. Himmelsrichtungen sind auf der alleräußersten Skala ja aufgetragen.

Nun variiert die Sonnenauf- und -untergangszeit in London aber um etwa vier Stunden: Der Aufgang z.B. ereignet sich zur Sommersonnwende zwei Stunden früher als zu den Tagundnachtgleichen, und zur Wintersonnwende zwei Stunden später.

Zu den Tagundnachtgleichen erfolgt der Sonnenaufgang um 6 Uhr (damals gab es nur Ortszeiten, keine Zonenzeiten), zur Sommersonnwende also schon um 4 Uhr und zur Wintersonnwende um 8 Uhr. Genau das sehen wir auf der linken Seite des Ziffernblatts: die Monate Juni und Juli sowie das Symbol für die Sommersonnwende stehen bei der IIII des Ziffernblatts, die Monate Januar und Dezember bzw. das Symbol für die Wintersonnwende stehen bei der VIII. Die Skala auf der rechten Seite ist für die Untergänge zuständig.

Man kann bei Kenntnis des aktuellen Datums also unmittelbar auf dem Ziffernblatt den Zeitpunkt des Sonnenauf- und -untergangs ablesen.

Aufgang:
Die mit kurzen Strichen markierten Monate sind - zunächst im Gegenuhrzeigersinn
(und mit Angabe der modern für 1790 berechneten Zeiten in mittlerer Ortszeit und nach moderner Aufgangsdefinition):
J (8:03), F (7:36), Mh (6:43), A (5:33), My (4:29), Jn (3:45),

und dann zurück im Uhrzeigersinn:
Jy (3:43), A (4:20), S (5:10), O (5:58), N (6:52), D (7:41)

Mit längeren Skalenstrichen und oranger Beschriftung sind die Aufgänge für die Sternzeichenanfänge markiert. Zwei davon bilden die äußersten Enden der Aufgangsskala: Wintersonnwende = Steinbock (8:01), Sommersonnwende = Krebs (3:39)

Die Sonnenuntergänge sind:
J (4:04), F (4:52), Mh (5:42), A (6:35), My (7:25), Jn (8:09),
Jy (8:22), A (7:49), S (6:48), O (5:39), N (4:34), D (3:56),
Wintersonnwende (3:55), Sommersonnwende (8:23)

Die kleinen Diskrepanzen zwischen den auf der Uhr markierten Zeiten und den modern berechneten Zeiten könnten vielleicht Rückschlüsse auf die vom Uhrmacher verwendete Rechenmethode erlauben.
Die teilweise bei den Monatsbuchstaben, teilweise auch selbständig auftretenden Punktmarkierungen kann ich nicht interpretieren.

Das silberne Ziffernblatt trägt an der äußeren Kante eine Gradeinteilung, die so angebracht zu sein scheint, dass man einen durch den Stundenzeiger markierten Winkel ablesen soll. Die Winkel werden von Null ausgehend nach beiden Seiten jeweils bis 180° gezählt, bei der Bezifferung sind die Endnullen fortgelassen, der Winkel 18[0]° ist aus mir nicht bekanntem Grund mit 0 bezeichnet.

Offenbar soll an dieser Gradeinteilung die aktuelle Elongation des Mondes abgelesen werden. Bei Neumond fallen die Richtungen zur Sonne und zum Mond zusammen, die Elongation ist Null. Die silberne Scheibe dreht sich nun gemeinsam mit dem Stundenzeiger, aber geringfügig langsamer (so wie es auch der Mond in Bezug auf die Sonne tut). Nach 24 Stunden hat die silberne Scheibe fast eine vollständige Umdrehung gemacht, aber es ist ein Unterschied von 12° aufgelaufen - die Elongation beträgt also jetzt 12°. Die silberne Scheibe bleibt immer weiter hinter dem Stundenzeiger (= der Sonne ) zurück, bis beide nach einem synodischen Monat von 29.5 Tagen mit ihren Nullpunkten wieder zusammenfallen.

Einige Winkel tragen eigene Namen und sind am Rand des silbernen Ziffernblatts mit ihren Aspekt-Symbolen markiert: Sextil (60°, Stern), Quadratur (90°, Quadrat), Trigon (120°, Dreieck), Opposition (180°, zwei verbundene Kreise).

Das silberne Ziffernblatt trägt auch die Symbole der Sternzeichen, aber deren Zweck an dieser Stelle verstehe ich nicht. Ein Sternzeichen ist ein 30° langer Abschnitt der Ekliptik, aber die hier markierten Sternzeichen sind nur jeweils 20° lang. Sie decken daher auch nicht den ganzen Vollkreis ab, sondern lassen zwei Lücken bei 0° und 180°. Die beiden Hälften bilden keine fortlaufende Reihe, sondern sind einander gegenläufig, etc.

Durch einen Ausschnitt im silbernen Ziffernblatt sehen wir ein drittes Ziffernblatt, das fix mit dem Stundenzeiger verbunden ist und mit ihm rotiert. Da das silberne Ziffernblatt im Verlaufe eines Monats eine Umdrehung bezüglich des Stundenzeigers macht, sehen wir in diesem Fenster im Verlaufe des Monats die verschiedenen Zahlenwerte vorbeiziehen.

Das in Tagen gemessene Mondalter nimmt im Verlaufe eines synodischen Monats von 29.5 Tagen Werte zwischen 0 und 29.5 an. Die im Fenster erkennbare arabisch bezifferte Skala beginnt mit 0. Ein Skalenteil nimmt einen Winkel von etwa 12° in Anspruch, hochgerechnet auf 360° hat die Skala Platz für etwa 30 Skalenteile. Die beiden Kringel im rechten unteren Eck des Fensters sind also keine 99, sondern eine 29, und der restliche Abstand bis zur 0 ist nur ein halber Skalenteil. Die Skala mit arabischen Ziffern geht also von 0 bis 29.5 und gibt das Mondalter an. Abzulesen ist das Mondalter an dem goldenen "Dorn", der am Nullpunkt der Elongationsskala ins Fenster ragt. Jeden Tag verschiebt sich das Fenster um einen Skalenteil nach links, das Mondalter hat dann um einen Tag zugenommen.

Ein Skalenteil der im Fenster sichtbaren römisch bezifferten Skala nimmt einen Winkel von etwa 15° in Anspruch, das sind auf 360° hochgerechnet 24 Skalenteile. Die Skala geht also zweimal von I bis XII, so wie die Hauptskala auf dem äußeren Ziffernblatt. Das ist offenbar die Uhrzeit des Meridiandurchgangs des Mondes, ebenfalls abzulesen am goldenen Dorn. Punkte unter den römischen Ziffern erlauben das Ablesen von Viertelstunden.

Weiter links im Fenster erlaubt ein schwarzer Dorn, eine weitere Zeit abzulesen, die zweieinhalb Stunden nach dem Meridiandurchgang des Mondes liegt. Dies ist offenbar der Zeitpunkt für eines der beiden täglichen Gezeiten-Hochwasser. Die Beschreibung der Uhr verortet den Pegel an der London Bridge. Der mit der Uhr etwa zeitgenössische The Nautical Almanac and Astronomical Ephemeris nennt als Zeitverzögerung (Hafenzeit, Establishment of the Port) für die London Bridge zwei Stunden, sieben Minuten.
Der Grund für den Unterschied zwischen Almanac und Uhr kann zum einen daran liegen, dass diese Zeiten trotz umfangreicher Beobachtungen nur schlecht bestimmt waren, als die Uhr gebaut wurde. Whewell wies noch zu Beginn des 19. Jhdt. darauf hin, dass viele Beobachtungen der Hochwasser-Zeitpunkte fehlerhaft seien, weil entweder statt des Hochwassers selbst die Umkehr der Tidenströmung beobachtet wurde (was in der Regel nicht dasselbe ist), oder dass die Uhrzeiten des Hochwassers ausgewertet wurden, ohne Rücksicht darauf, wann genau am betreffenden Tag der Meridiandurchgang des Mondes stattfand.

Zum anderen könnte die Uhr sich eventuell auf einen anderen Pegel beziehen. Da wiederum laut Whewell die Flut in der (damaligen) Themse in der Stunde etwa zwölf Meilen zurücklegte, könnte es sich dann aber kaum mehr um einen Pegel in der eigentlichen (damaligen) Londoner City handeln.

Das silberne Ziffernblatt enthält ein kleines rundes Fenster, das den Blick auf eine darunter liegende gefärbte Fläche freigibt und die aktuelle Mondphase anzeigt. Um die Fläche unter dem Zifferblatt läuft eine eiförmige Kurve, die den Mond-Terminator symbolisiert. Innerhalb dieser Kurve ist die Fläche dunkel gefärbt, außerhalb hell. Je nachdem, welcher Teil dieser Fläche durch das runde Fenster sichtbar ist, sieht man nur ein dunkles Fenster (Neumond) oder nur ein helles Fenster (Vollmond) oder einen hellen und einen dunklen Anteil, je nach Beleuchtungsverhältnissen der aktuellen Mondphase.

Im abgebildeten Zustand der Uhr ist Neumond, folglich sehen wir durch das runde Fenster praktisch nur dunkle Farbe. Nur in der linken oberen Ecke des Fensters spitzt ein wenig von der hellen Farbe hervor. Im weiteren Verlauf des Monats wird sich das Fenster gegenüber der darunterliegenden Fläche so verschieben, dass immer mehr von dem hellen Flächenanteil sichtbar wird und so die zunehmende Mondsichel darstellt.

In der Mitte des silbernen Ziffernblatts sitzt ein symbolisierter Erdglobus mit Sicht aus dem All auf den Nordpol, eine Markierung zeigt London. Die Scheibe ist ausgeschnitten und sie bewegt sich im Uhrzeigersinn.
Dann dreht sich das silberne Ziffernblatt um diesen Globus, und zwar mit derselben Geschwindigkeit, mit der sich der Mond (scheinbar, infolge der Erdrotation) um die Erde dreht. Das runde Mondphasen-Fenster zieht stets dann über London hinweg, wenn die Meridiandurchgangs-Markierung (der goldene Dorn) die auf dem äußeren Ziffernblatt markierte Südrichtung durchschreitet, wenn also tatsächlich ein Meridiandurchgang stattfindet.

Eng verbunden mit dem Mondumlauf ist der Verlauf der Gezeiten. Ebbe und Flut folgen den Mondphasen; an ein und demselben Ort fallen sie bei Neumond z. B. immer ziemlich genau auf die gleiche Stunde. Erst im Verlauf von Jahrhunderten ergeben sich deutlich merkbare Verschiebungen. Der seit dem späteren Altertum nachweislich bekannte Zusammenhang der Gezeiten mit dem Mondlauf wurde seit dem Ende des 17. Jahrhunderts in England genauer untersucht und von Newton mit Hilfe seiner neuen mechanischen Gesetze theoretisch behandelt. Seither werden speziell in England, das infolge seiner vielen, verschieden gelegenen Häfen an dem Gezeitenverlauf besonders interessiert ist, Uhren mit Gezeitenblättern häufig hergestellt. Fast ausnahmslos sind sie für einen bestimmten Hafen eingerichtet und geben dann die Tagesstunde für das Eintreten der Flut in linearer Abhängigkeit vom mittleren Mondumlauf. Wesentlich seltener schon sind Universal-Gezeitenblätter, bei welchen durch Verdrehen des äußeren Ringes die Einstellung für einen beliebigen Ort vorgenommen werden kann; um die Einstellung richtig durchzuführen, muss man den Zeitpunkt der Flut bei Neumond an diesem Ort kennen. Diese einfachen Einrichtungen geben nur eine grobe Annäherung an die wirklichen Verhältnisse. Flut und Ebbe folgen der wahren Mondbewegung, die je nach Erdnähe oder -ferne ziemlich starken Abweichungen vom Jahresmittel unterworfen ist.

Die Gezeiten oder Tiden sind periodische Wasserbewegungen des Ozeans, die sich vorwiegend an dessen Küsten auswirken. Dort führen sie zu Tidehochwasser und -niedrigwasser. Sie sind eine Folge der Gezeitenkräfte von Mond und Sonne, wobei der stärkere Einfluss vom Mond ausgeht. Die Erdrotation bewirkt, dass diese Gezeitenkräfte an einem festen Ort der Erdoberfläche zeitlich variieren. Daher gibt es an den meisten Küsten während des Mondumlaufs von knapp 25 Stunden je zweimal Hochwasser und zweimal Niedrigwasser.
Bei Voll- und Neumond addieren sich die Gezeitenkräfte von Sonne und Mond zu einer besonders großen Tide, der Springtide, bei Halbmond dagegen ergibt sich eine besonders kleine Tide, die Nipptide. Die Gezeitenkräfte der Sonne betragen etwa 46 % derjenigen des Mondes.
Besonders große Gezeitenkräfte und Springtiden ergeben sich, wenn sich zusätzlich der Mond im erdnahen Bereich seiner Umlaufbahn befindet. Durch die zur Erdachse veränderliche Neigung der Mondbahn ergibt sich eine etwa jährliche Variation der Tiden. Der Tidenhub im Bereich der London Bridge liegt in der Spanne von 4,50 Meter bis zu 7,00 Meter.
Interessant ist folgende Meldung:
Donnerstag, 19. März 2015
Tidenhub wie vierstöckiges Haus - Frankreich erwartet eine "Jahrhundertflut".
Es ist ein spektakuläres Ereignis - und wiederholt sich alle 18 Jahre. Die irdischen Folgen einer besonderen Himmelskonstellation locken am Samstag Touristen zum Klosterberg Mont Saint-Michel. Das Spektakel wird von einem weiteren Naturschauspiel begleitet. Es wird als "Jahrhundertereignis" angekündigt - auch wenn sich das Phänomen alle 18 Jahre wiederholt. Doch spektakulär wird die Flut am nächsten Samstag an der Nordwestküste Frankreichs und anderen Orten der Welt allemal: Ein Tidenhub von 14,5 Metern wird etwa an der Klosterinsel Mont Saint-Michel in der Normandie erwartet. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut rund um diese Weltkulturerbe-Insel wird somit höher als ein vierstöckiges Gebäude sein. Auch in Großbritannien, Kanada und Australien wird eine besonders hohe, sogenannte Springflut erwartet, was mit der Himmelskonstellation an dem Tag zusammenhängt. Der stärkste Tidenhub weltweit mit bis zu 16 Metern wird in der Bucht von Fundy an der kanadischen Atlantikküste zu bestaunen sein. In Großbritannien soll das Wasser vor allem im Kanal von Bristol um mehr als 14 Meter steigen.

Das "augenförmige" Gebilde stellt die beiden dem Globus aufsitzenden Flutwellen dar. Man beachte, dass der Gipfel der linken Flutwelle mit dem Flut-Ablesepunkt im Fenster zusammenfällt. Mit dem silbernen Ziffernblatt drehen sich auch diese Flutwellen um den Globus, und immer zweieinhalb Stunden nachdem das "Mond"-Fenster über "London" hinweg gezogen ist, trifft auch die Spitze der "Flutwelle" bei "London" ein. Heutzutage würde man so etwas eine Visualisierung nennen. Für die Anzeige der Zeit des Hochwassers an der London Bridge wurde ein Festdraht an der Nord-Position befestigt mit einer elliptischen Markierung am Rotationszentrum.

Ewiger Kalender
Funktion.
Ein ewiger Kalender ist ein Kalender, der für viele Jahre gültig ist. Üblicherweise erlaubt er die Ermittlung eines Tages oder einer Woche in der Vergangenheit bzw. der Zukunft. Dieser ewige Kalender gilt gemäß dem Sonntagsbuchstabensystems.
Der Sonntagsbuchstabe SB (auch Dominicalbuchstabe oder littera dominicalis) eines Kalenderjahres ist der Tagesbuchstabe seiner Sonntage.
Die Tage eines Kalenderjahres werden mit den sieben Tagesbuchstaben A bis G gekennzeichnet: Der 1. Januar hat den Tagesbuchstaben A, der 7. Januar den Tagesbuchstaben G. Ab dem 8. Januar und danach ab jedem achten Tag wiederholen sich diese sieben Tagesbuchstaben. Der Sonntagsbuchstabe ist beispielsweise der Tagesbuchstabe des ersten Sonntags im Jahr:
erster Sonntag im Jahr 2016 ist am 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Januar
Sonntagsbuchstabe des Jahres 2016 ist A B C D E F G

Das Werk dieser Uhr ist robust und gut gearbeitet, um das komplizierte Unterzifferblatt-Getriebe anzutreiben. Der Kloben für die Unruh ist mit breiten „Flügeln“ ausgerüstet, die Lagerung der Unruhwelle ist in einem Steinlager.
Die ziselierte Grundplatine ist mit der Signatur des Uhrmachers Edwards Nr. 393 versehen. Britten erwähnt einen Uhrmacher namens James Edwards unter der Adresse 180 Fleet Street um 1790-94. Hierbei handelt es sich höchstwahrscheinlich um den Uhrmacher/Händler, der diese Uhr verkauft hat, denn zu dieser Zeit war die Fleet Street Londons Handelszentrum für wissenschaftliche Instrumente. Außerdem hatte auch die Royal Society ihren Sitz in der Nähe.
Die Zweckbestimmung dieser Uhr ist zu einem gewissen Teil ungewiss.
So stellte George Daniels fest, dass sie für wissenschaftliche Beobachtungen und die Navigation nicht geeignet waren. Einerseits erlaubt die Konstruktion als Spindeluhr ohne jede Kompensation nicht die erforderliche Ganggenauigkeit, insbesondere nicht über lange Zeitspannen. Zudem seien, schreibt Daniels, die zahlreichen Indikationen auf dem Zifferblatt so eng zusammengedrängt, dass eine exakte Ablesung nicht möglich sei.
Britten vermutet, dass diese astronomischen Uhren als Geschenke für besonders verdienstvolle Kapitäne der East India Company dienten. Das wären aber wohl zu aufwändige Geschenke gewesen.
Am wahrscheinlichsten erscheint es, dass solche Uhren begüterte Privatleute ansprachen, die der Zeitmode entsprechend wissenschaftliche Neigungen hatten, ohne dass wissenschaftliche Genauigkeit oder Nützlichkeit notwendig war.

Maße: Durchm. 90,3 mm (ohne Pend. 69 mm) – Dicke 31,7 mm – Gewicht 217 gr.
Gehäuse: Messing vergoldet

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